Wer bin ich, eigentlich? – Jetzt? Eine sich, stetig wiederholende Frage in meinem Kopf, obgleich nicht immer gleich intensiv und fordernd und doch immer präsent. Die Antwortfindung auf diese Frage fast täglich sich ergibt, noch während der Nacht im Halbschlafe meine Gehirnzellen beschäftigt, zu finden diese eine Antwort, doch die Frage ist so komplex und sämtliche, vorhandene Ansätze bedingen schon wieder weitere Fragen, die es zu beantworten gilt. Es liegt nahe, dass nicht ich, nur allein, mich mit dieser Frage beschäftige, denn dies wird wohl ein jeder Mensch, mehr oder weniger intensiv tun. Beim Schreiben des Wortes: ich, habe ich auch immer zu hinterfragen, welches ich, nun denkt und schreibt. Es ist nicht so, dass ich eine multiple Person bin, aber ich meine damit meinen inneren Zustand, der sich durchaus nach außen hin bemerkbar macht. Die meisten Menschen würden es wahrscheinlich als Gemütsschwankung definieren, was durchaus für eine plausible Erklärung reicht, für mich aber ist dies zu einfach, denn manchmal, frage ich mich, ob es denn echt ist, was aus meinem Inneren ich zum Vorschein kommt. Anhand einiger, einfachen Beispielen möchte ich versuchen dies in Worte zu fassen: normalerweise, bin ich ein sehr geselliger Mensch, was meiner hauptberuflichen Tätigkeit entgegen, kommt und ich es auch wirklich sehr gerne mag, aber auch, liebe und genieße ich die Einsamkeit, in der ich ganz zurückgezogen in meiner Gedankenwelt sein kann. Auch bin ich, nach meiner eigenen Einschätzung ein meist gut gelaunter und zugänglicher Mensch, offen und hilfsbereit, aber ich erkenne manchmal erst im Nachhinein, dass warum auch immer, ich für eine gewisse Zeitspanne auch sehr wütend, verletzend und auch ungerecht sein kann, obwohl gerade Gerechtigkeit für mich enorm wichtig ist. Ich schätze und liebe die Natur, in der Natur, fühle ich mich innerlich am Freiesten, sämtliche Last, sogar die ständigen Fragen verschwinden in der Stille oder beim Lauschen des Vogelgesangs, lösen sich sozusagen auf in ein wunderbares Nichts, Augen, Ohren und Nase tauchen ein in eine mystische Welt in der die Zeit nicht mehr existiert, ganz tief in meiner Phantasie und meine Seele bin ich dann federleicht und frei. Inmitten, unberührter Natur, fühle ich mich wie ein Ungeborenes im Schoße seiner Mutter, geschützt und rundum mit allem versorgt, einfach geborgen. In Städten, unter vielen Menschen bin ich auch gerne, nur nicht zu viele dürfen es sein, beziehungsweise Gedränge kann ich nicht ertragen. Sport, mache ich am liebsten im Freien, am Berg beim Wandern oder Radfahren, Schwimmen in einem See, Schifahren und dergleichen, Hauptsache draußen, das lässt mich ebenso ein Art Freiheit erahnen, nach der ich mich ein Leben lang und stets sehne. Das Motorradfahren, kommt dieser Sehnsucht nach Freiheit wohl am Nächsten, den Wind, den ich spüre und die ungestüme Kraft des eiserenen Pferdes, die hohe Konzentration beim Fahren duldet keine Ablenkungen, nur das Fahren selbst, das Verschmelzen mit dem Motorrad, das Durchfahren der Kurven und Kehren und den Wind im Gesicht, wahrlich ein Gefühl von Freiheit. Dann gibt es mich noch als jenen Mann, der wohl bei allem, was ich vorher beschrieb, immer auch Gedanken für die Passion des Schreibens hat und dies, wie gerade in diesem Augenblick auch tut. Währenddessen ich schreibe ergeht es mir im weitesten Sinne ähnlich, wie in einem Wald, der völlig still. Ich schreibe mir Themen, Gedanken, Wunderschönes, aber auch Kritisches sozusagen von der Seele, übertrage Freude und Glück oder Kritik, Sehnsucht und Leidenschaft aus meinem Kopf auf Papier. Es ist wie eine Art Zwiegespräch, zwischen meinen „Ich`s“ und jeder der „Ich`s“ kann seine Gedanken, seine Argumente in Form von Worten auf Papier bringen. Vielleicht sind all die geschriebenen und zusammengeführten Gedanken, Gedichte und Geschichten in Form von Texten ich? Die Summe der Worte und Sätze auf meinen Papieren sind ich? Das ist keine schlechte Antwort auf meine Frage nach dem: Wer bin ich eigentlich? – Jetzt? Und dennoch resümiere ich hier und jetzt an dieser Stelle des Textes für mich, dass dies auch nur ein Teil, einer möglichen Beantwortung sein kann. Es gibt Menschen, so denke ich, die sich durchaus anhand, der vorher geschrieben Eigenschaften definieren lassen, manche sind eben ein Leben lang Sportler und diese Eigenschaft bestimmt ihr ganzes Leben, andere wiederum sind ausschließlich Biker, Kleidung, Schmuck, Sprache Lebensstil, alles ist an dieses Thema angepasst, natürlich ändern sich Ansichten, Vorlieben und Lebensstil im Laufe eines Lebens oft mehrmals, kann-, aber muss nicht sein.
Ich könnte auch versuchen mich über meine Herkunft zu definieren, wenn gleich, ich dass, nicht für sinnvoll erachte, denn wie vor schon geschrieben, bin ich ein Mensch, der sozusagen im Laufe seines Lebens, ständige Veränderungen und damit meine ich nicht das Älter werden von Körper und Geist, oder Wohnort, Ehepartner, Beruf etc., sondern Veränderungen in mir selbst durchlebte und diese Veränderungsprozesse mit Sicherheit erst mit meinem physischen Tod enden werden, aber ein Grundstein sozusagen, ist sicherlich in der Herkunft vorhanden, dies möchte und kann ich natürlich nicht in Abrede stellen. Meine stetige Frage lautet nicht: wer war ich einmal, was ist aus mir geworden,- nein sie lautet: Wer bin ich, eigentlich? – Jetzt? Und damit suche ich eben nicht nach meinem, was habe ich geschaffen, wieviel Autos habe ich, welche Autos, welches Haus, wieviel verdiene ich, welchen Titel habe ich und vieles mehr, sondern ich suche mich, sozusagen den „nackten“ Menschen, nämlich den, der ich jetzt gerade bin. Das Leben hat mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin, ein wohl wahrer und guter Satz, den man kennt und es stimmt ja auch, wie ich mir eingestehe, jedoch möchte ich in Veränderungen unterscheiden, die auf Grund von allgemeinen, milieubedingten Situationen, sei es Familie, Beruf, Wohnort, Freunde usw. oder globalen Ereignissen, wie eben gerade die Covit-19 Pandemie mir zeigt, wie es ist, nicht mehr dieselbe Freiheit zu haben, wie sie bisher für mich selbstverständlich war und auf der anderen Seite, Veränderungen, die auf Grund meiner selbst eingetreten sind. Am stärksten, hat mich wahrscheinlich ein, für mich unerwartetes Ereignis, nämlich ein Hinterwand-Herzinfarkt, im Jahre 2011am 10. Februar, verändert, so ziemlich alles Bisherige in meinem Leben, war ich doch vorher nie wirklich krank, (zumindest nicht schwer), hatte keine gravierenden Unfälle und hab ein Krankenhaus nur als Besucher betreten. Es war damals knapp, sehr knapp jedoch ging es für mich noch einmal, dank bester, ärztlicher Hilfe und Versorgung gut aus. Während der Genesung und dem Weg zurück in den Alltag, denn ich wollte, so rasch als möglich wieder körperlich fit sein und mein gewohntes Leben weiterleben, hatte sich aber einiges verändert, meine Gedanken und Vorstellungen hatten sich gewandelt, ich wollte nicht mehr zu einhundert Prozent zurück in das „selbe Leben“, ich hinterfragte Berufsalltag, Angewohnheiten bezüglich, Sport, Ernährung und überhaupt mein damaliges Jetzt und wie es weiter gehen soll. Viele Menschen kennen das, ausgleichen oder ähnlichen Ereignissen heraus, viele Gelegenheiten hatte ich, auf der vierwöchigen Rehabilitation, mit Mitmenschen die gleiches oder Ähnliches erfahren hatten, darüber zu sprechen. Ein Paradoxon war und ist es bis heute für mich, dass viele dieser Menschen, genauso weitermachten, als wäre nichts geschehen, es schien, bzw. scheint ihnen nichts auszumachen, dass sie mit ihrem Leben spielen, bewusst ein Risiko in Kauf nehmen. Bei mir war das anders, ich kam zu dem Schluss, dass Änderungen unumgänglich sind. Meine körperliche Fitness war und ist mir bis heute sehr wichtig, täglich habe ich daran gearbeitet und mich zurück gekämpft und heut kann ich sagen, dass ich besser in Form bin als damals beim Herzinfarkt. Beruflich hatte ich das Glück, das der Firmeninhaber mir die Zeit für ein Comeback, gewährt hat in dem er keinerlei Druck ausgeübt hat und mir persönlich gesagt hat, dass meine Gesundheit jetzt das Wichtigere sei. Ich bin heute noch bei dieser sehr menschenfreundlichen Firma beschäftigt. Meinen Job habe ich also nicht gewechselt, lediglich die Arbeitsweise angepasst, an ein gesünderes Leben im Alltag. Bei, der gesunden Ernährung, ist es schon schwieriger, es ist halt ein schönes Vergnügen, gut zu Essen. Zurück zum Ursprungsthema, durch dieses Ereignis suchte ich innerlich nach einer Art Befreiung aus dem bisherigen Alltag, der mit vielen, anderen Umständen zusammen zum Herzinfarkt geführt hat. Mein Aussehen, habe ich verändert, in der Art und Weise, dass ich mich „frisurentechnisch“ in meine Jugendzeit, wo ich noch mehr Freiheit hatte, als später in der Zeit, als ich eine Familie gründete, mit langen Haaren und auch ein Bart, sowie Kleidung und die mittlerweile notwendig gewordene Brille wurden angepasst. Das waren die äußerlichen Zeichen meiner gewollten Veränderung. Die wirklich große Veränderung aber war und ist es bis heute, dass ich begann, meine Gedanken zu konzentrieren, sie zu notieren, nicht nur eigene Gedanken, auch Gespräche, Gesprächsbrocken, die ich aufschnappte, Bücherpassagen, die mich nicht los ließen, Bücher, die ich drei, viermal las, ich fand Gefallen daran Worte zu formen, zu schreiben, besonders in Kombination mit einem meiner liebsten Hobbies, dem Fotografieren, dieses begleitet mich schon seit dem achten Lebensjahr, als ich noch mit meinem Vater zusammen in unserer Dunkelkammer Fotos in schwarz-weiß entwickelte. Die Idee das Gefühl bzw. die Gedanken beim Anblick eines Bildes in Worte zu kleiden, es sozusagen zum „sprechen“ zu bringen, habe ich seit jenem Zeitpunkt versucht und mache es immer noch mit Leidenschaft. Viele Gedichte und Texte entstehen stets in meinem Kopf, wenn ich in der Natur bin, deren Schönheit mich inspiriert, aber auch wenn ich ins Dunkel starre, dann kommt das Schwere, Dunkle aus meinem Inneren zum Vorschein, beim Autofahren, bei einer manuellen Arbeit, beim Radfahren, wo auch immer, stets habe ich Worte, Textfragmente in meinem Kopf, die ich so rasch als möglich als Notiz in meinem Handy hinterlege, damit diese nicht „verloren“ gehen. Die wichtigste Initialzündung für das Schreiben von Gedichten und Texten war jedoch, wie könnte es anders ein, die Liebe. Alles zusammen, die sogenannte zweite Chance nach dem Herzinfarkt, das Umdenken im Lebensstil, das erneute Gefühl der Liebe beflügelten mich und besonders die Liebe beflügelt mich auch jetzt noch zum Schreiben, zum Fotografieren, zum Zeichnen und Malen, einfach kreativ zu sein, meine Inneres in Worte, Texte und Bilder auf Papier zu übertragen. Es ist mit Abstand, das Schönste meiner Veränderungen in meinem Leben und inzwischen ein unabdingbarer Teil von mir. Ein „Ich-, meiner Ich`s-,“ oder „ganz ich?“, ich kann es immer noch nicht beantworten, wie eingangs erwähnt, zu komplex die Frage und unendlich viele Betrachtungsweisen sind möglich, um eine brauchbare und kurze Antwort zu geben. Eines aber ist gewiss, die Vielseitigkeit, oder wie ich es nenne, die „Ich`s“ in mir sind was ich als Ganzes bin und es könnte auf Grund von Veränderungen durchaus sein, dass ein weiters „Ich“ sich formt oder aber auch eines der „alten Ich`s“ vergeht. Im Augenblick bin ich das „Ich“, dass diese Zeilen schreibt und versucht Klarheit in eine Frage zu bringen, die eventuell erst in der Zukunft oder am Ende meines Weges beantwortet werden kann. Mir fällt gerade auf, dass ich diesen Text durchaus, als einen Baustein, in: „über mich“, auf meiner Website verwenden könnte. © ewald apperle
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