Ich weiß nicht, ob ich diese Bürde schaffe, die Bürde mit einem Menschen zusammen zu leben, der so schwer krank und zutiefst süchtig ist, süchtig nach Alkohol und Nikotin. Die kleinste Kleinigkeit, eine kleine Hürde ruft in diesem Menschen die Sucht hervor und wenn gar keine Hürde da ist, dann findet sich ein anderer Grund, meist Mitleid mit Anderen – doch in Wahrheit ist es ausschließlich Selbstmitleid und Unvermögen, ob dem gigantischen Verlangen der Sucht nachzugeben. Bei 38°C eine Flasche Weißwein aus der Flasche oder Wodka und andere Schnäpse, bis zur Bewusstlosigkeit. Blaue Flecken und Verletzungen und ab und zu liegt man in der eigenen Pisse am Boden und dennoch, wenn ich als Ehepartner dann sage, dass dieser Konsum, diese Sucht nicht nur für denjenigen selbst schädlich ist, sondern auch für jene, die mit dem Menschen leben, die mit dem Menschen verbunden sind, wie Kinder und Kindeskinder, Eltern oder Elternteile, wird falls der bzw. diejenige noch kann, gespottet und verbal zu einer Art Gegenangriff übergegangen, mit Schimpfwörtern, Unterstellungen und sogar aggressiven, handgreiflichen Übergriffen. Dies ist der Moment, in dem in mir jedes Mal meine eigene Hilfslosigkeit in einer solchen Situation und selbst auch Unverständnis und Zorn, obwohl jahrelang bemüht all dies zu unterdrücken, in mir hochkommen, in meinem Unterbewusstsein wohlwissend, dass all das nur eine mögliche Eskalation hervorrufen kann und der Gewissheit, dass alles vergebens und doch nichts nützt. Nach X Entzügen und stationären Aufenthalten, nach all den vielen gemeinsamen Jahren nur die Erkenntnis, dass diese Sucht eine Endgültigkeit darstellt, wie es sonst nur der Tod ist. Ich selbst fühle mich so schlecht dabei, wenn ich den Tatbestand, der sogar mit einer Flasche Schnaps in der Hand geleugnet wird, und ich versuche die Tatsache zu besprechen und mit dem Partner zu analysieren, es ist unweigerlich immer dasselbe, es kommt zur verbalen Eskalation und dem Niedermachen meiner Person, egoistisch, selbstgerecht, nur auf meinen Vorteil bedacht, berechnend, und noch vieles, vieles mehr, es wird auch von Dingen gesprochen, die gemeinsam gekauft, gebaut, etc. in Angriff genommen wurden all diese Dinge wären nur von mir ausgegangen, der süchtige selbst wollte dies niemals so haben, es wird einfach alles in Frage gestellt und alles schlecht gemacht und vor allem: die Schuld liegt ganz allein, bei mir. Es ist schwer zu beschreiben, wie sehr dieses Szenario jedes Mal schmerzt, obwohl ich mir immer sage: übergehe, übersehe und überhöre es! Es gelingt manchmal mehr recht als schlecht, doch meistens ist es überaus schmerzhaft und Selbstzweifel kommen auf und die Frage: schaffe ich diese Bürde? Bin ich stark genug, dies alles für wie lange? zu ertragen und natürlich viele andere Gedanken mehr. Am nächsten Tag in der Früh, ist für den Süchtigen alles „weg“, es ist so, als wäre nie was gewesen, guten Morgen und auf ein „Neues“? Mein ich scheint in solchen Fasen nicht stark zu sein, das Herz übernimmt das Sagen und meine Seele den Schmerz. Ist es wirklich, egoistisch, dass ich nicht „davon Laufe“, wie es heutzutage üblich ist? Wenn es Probleme gibt, die großen Kummer bereiten, so heißt es in der derzeitigen Welt meist, dann schau auf dich! Du bist wichtig, deshalb bist du kein Egoist! Es macht dich sonst krank! Überlass den Süchtigen der Unvermeidbaren Konsequenzen der Sucht und sich selbst!
Wäre dies der richtige Weg? Für mich? Für Beide? Gibt es Garantien, dass dies funktionieren würde? Aber etwas in mir sagt: Nein! Der, bzw. die Süchtige braucht einen anderen Menschen, um nicht ganz unterzugehen und da ist da auch noch die Familie, die mit drinnen hängt und, und, und … Guter Rat? Kann ein Psychiater helfen? Welcher bzw. bereits Mehrere beim Süchtigen kläglich „versagt haben und versagen“.
Ich suche selbst nach einem Weg, mich besser zu schützen, um nicht selbst krank zu werden. Suche Kraft in dem Leben „außerhalb“ dieser Bürde, versuche alles Positive in meiner Umgebung aufzusaugen und in mir zu speichern, damit ich in Zeiten der gemeinsamen? „Sucht“ trotzdem ein Licht in meiner Seele leuchten spüre, mich nicht in der Finsternis verstecke. Jeder neue Morgen bringt dieselbe Hoffnung, jeder weiter Rückfall die Frage nach der Bürde. Es ist ein Kreislauf, wie alles auf dieser Erde einen Kreislauf unterworfen ist, ist es hier auch genauso. Ein Ende, eine Erlösung bringt nur der Tod und wenn man glaubt zugleich auch wieder Hoffnung auf „Anderes“ … © ewald apperle
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